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Sexualitätsbegriffe als Fremdbestimmung

DISCLAIMER: Die Rühreikonstante ist eine Serie von Blogbeiträgen, die das Thema Identität anhand einzelner Themenbereiche und persönlicher Erfahrung darzustellen versucht. Ihr findet hier weder Lebenstipps noch den Anspruch auf Allgemeingültigkeit.

SEXUALITÄT... DAM DAM DAAAAAAMMM...

Ich will Sexualität nicht definieren müssen... aber irgendwie muss ich diesen Text ja anfangen. 

Sobald ich es aber auch nur mit einem Wort eingrenze, geht an anderer Stelle etwas verloren. Für mich selbst habe ich dieses Wort abgeschafft. Ich brauche es nicht, um mich zu definieren oder zu identifizieren. - Nur wenn ich mich der Außenwelt aussetze, muss ich das in der Regel für andere Menschen machen... also muss ich dazu eine Haltung entwickeln. Darum geht´s in diesem Text.

Deshalb bringen uns an dieser Stelle auch keine wissenschaftlichen Definitionen weiter. Ich gebe mir aber Mühe ein Gefühl für diesen Begriff über die Geschichten, die ich erzähle, zu vermitteln.

 

Für mich war Sexualität lang etwas, was Andere haben oder Andere tun. - Das hängt aber mit dem Bild zusammen, was ich vermittelt bekommen habe: Sexualität bedeudet sich anfassen wollen, bedeudet Körperlichkeit... Bis ich dann nach Würzburg gezogen bin, war es auch etwas, was "gute" Frauen über sich ergehen lassen müssen und etwas, dem Männer triebhaft und schonungslos ausgeliefert sind.

Ganz lang war ich der Meinung, dass etwas nicht mit mir stimmt. Klar, ich war mal verknallt, mal verliebt aber ich wollte die Person nicht wirklich anfassen. Schließlich wurde mir auch suggeriert, dass das "unnormal" ist. Am Ende meines Masterstudiums, habe ich das dann einfach als "Behinderung" bezeichnet. "Mir fehlen da einfach Verknüpfungen im Gehirn."

 

SPOILER: Was natürlich nicht stimmt. Inzwischen bin ich in einer anderen Community unterwegs, die sich mit dem ganzen Kram reflektiert auseinandersetzt.  Ich könnte, wenn es mir wichtig wäre, also aus einer Vielzahl von Sexualitätsbegriffen, eine handhabbare Identifikation kommunizieren... da sich das aber auch immer mal ändert, scheiß ich da ernsthaft drauf.

SEXUALITÄT als Grundwert meiner Beziehungspraxis?

Wir entkommen dieser Kategorie nicht. Zu viel basiert darauf. Bei den Göttern, wir stecken sogar anderen Menschen Ringe an den Finger, um zu signalisieren "Mit der bums´ ich.". Auf Datingportalen müssen wir unsere Sexualität angeben. - Die sich in dem Bereich zumeist nur auf das Geschlecht bezieht. Das nervt mich am meisten. Warum auf das Geschlecht? Es macht keinen Sinn. Eine heterosexuelle Frau steht nicht automatisch auf alle Männer. Oder vielleicht lese ich als schwuler Mann eine Person als männlich, sie selbst empfindet sich aber als Frau... ist sie deshalb weniger attraktiv?

 

Halte ich andere Personen für weniger attraktiv, weil sie mir nicht weiblich/männlich genug sind? - Das ist eine spannende Frage, weil wir so von der Sexualität zur Performance und den Erwartungen überleiten können. Ich hatte nie das Gefühl, dass mein Interesse an das Geschlecht gebunden ist... dann hab ich nochmal nachgedacht und resümiert, dass das schon was damit zu tun hatte... denn es waren immer Männer, denen ich eine bisexuelle, wenn nicht gar homosexuelle Identität zugeschrieben habe. - Was meine Argumentation vom Anfang schon wieder völlig zu Nichte macht, aber ja... shit is complex. Ich habe da so eine Art Geheimnis hinein interpretiert, dass nur ich sehen kann, dass durch mich ergründet werden kann. Was im Umkehrschluss ein Bild von Männern aufmacht, die angestrengt versuchen "männlich" zu wirken, dabei überperformen und zu niedlichen Trotteln verkommen. Keine Ahnung... hab ich schon gesagt, dass das alles mega kompliziert ist?

 

Wenn wir aber mal vom Geschlecht ablassen, dann entsteht doch die Anziehung zu einer Person nicht weil die Person etwas besonderes ist, sondern weil sie in uns ein bestimmtes Gefühl auslöst... ein Gefühl, nach dem wir uns sehnen. Das kann zum einen Neugier sein, zum anderen aber auch Bestätigung. Gleichzeitig geht es aber auch um Repräsentation.

Die Gründe warum ich Nähe zu Personen gesucht habe, waren wirklich mannigfaltig: 

Als es mir im Erststudium sehr schlecht ging, hatte ich sehr lange einen Crush, der mich sehr schlecht behandelt hat. Das merkwürdige war, dass das genau der Punkt war: Er hat mir viel Aufmerksamkeit geschenkt, sich von mir bedienen und feiern lassen. Der Part in dem er mich (und andere Frauen) abgewertet hat, habe ich als Bestätigung gesehen. Ich hatte von mir selbst ja auch den Eindruck, dass ich nichts wert bin. - In dieser Phase hat das einen Teil der Intimität ausgemacht: Das er mich erkennt und mich so sieht, wie ich wirklich bin, nämlich nicht gut genug. (Ist natürlich großer Quatsch, inzwischen weiß ich das auch.)

 

Zukunftsvorstellungen sind an dieser Stelle auch unheimlich wichtig. Schließlich muss Intimität auch erst erarbeitet werden. Mit dieser oben beschriebenen Person, habe ich mir ausgemalt diese Rolle der supportenden Ehefrau perfektionieren zu können. Zum damaligen Zeitpunkt habe ich mich in meiner Verzweiflung wirklich angestrengt, ein heteronormatives Frauenbild abzugeben... was an keiner Stelle, zu keiner Zeit, jemals funktioniert hat... zum Glück.

Bei einer anderen Person hat mir die Idee eines kreativwirtschaftlichen Power Couples mega gut gefallen. Ich hatte also Vorstellungen... ein Ziel, was ich erreichen wollte. Ansich überhaupt keine gute Idee. Weshalb ich auch sage: Ich war nicht verliebt. Ich hatte Projekte.

 

Jetzt wundert ihr euch vielleicht: Ey Luise, ich dachte es geht ums bumsen. Ja zurecht, aber Sex haben an sich ist eigentlich, betrachten wir unser gesellschaftliches System, eigentlich nur ein winziger winziger Teil. Die Menge an Zeit, die wir für Gespräche über unsere Beziehungen verwenden, die Performance, um jemandem zu gefallen, die tausend Ratgeber, Filme, Hochzeiten, Schwangerschaften und Krisenmomente... das alles wiegt doch energetisch viel viel mehr, als die tatsächliche Sexuelle Handlung. Wobei ich hier einer tatsächlichen Trennung von sexuell motivierter Handlung und nicht sexuell motivierter Handlung nicht zustimmen würde. Weil alles was wir tun, zur Formung unserer Identität beiträgt, die dann auch darüber entscheidet, wie wir mit wem wann schlafen können/dürfen/wollen.  (ABER: In anderen Kontexten ist das natürlich anders zu bewerten. Zum Beispiel wenn es um Straftaten geht!)

Das Problem für mich ist an dieser Stelle, dass ich es schwer in Worte fassen kann, welche Rolle Körper in meiner Sexualität spielen. Der Körper ist für mich ein Medium und erzählt eine Geschichte. Aber ich kann von diesem Körper keine Attraktivität ableiten, sondern nur von der Inszenierung und Performance. Gleichzeitig ist körperliche Intimität für mich nicht wirklich Intimität. Aber was ist Intimität? Ich vermute, dass das auch etwas mit Exklusivität zu tun hat. Sprich, wenn ich jeden Tag mit jemand anderem körperlich werde, ist es eigentlich nicht mehr intim. (Beispiel Händeschütteln: Alter, wir lassen zu, dass sich bei der ersten Begegnung die  Handflächen von zwei Fremden Personen berühren... eigentlich voll intim, aber nicht im Alltag.) Für mich ist Intimität also Kopfsache und findet auch im Kopf statt. Die Vorstellung, dass es etwas besonderes ist, macht es doch zu etwas Besonderem. - Wie sonst kann Sex, eine alltägliche Praxis, für soviel Unmut in der Welt sorgen.

Dazu kommt, dass wir kurz bedenken müssen, aus welchem Framing heraus dieser Blog geschrieben wird: Die Beispiele in diesem Blog stammen aus einer Phase, in der meine Fokussierung auf Männern mit spirituellen Krisen lag. (Fragt mich nicht wieso, dieses Muster habe ich auch erst herausgelesen, als diese Phase vorbei war.) Die Vorstellung mit diesen Männern zu schlafen, war nicht wirklich vorgesehen. Zum einen, weil es auch um so kleine blöde Machtspielchen ging: Die Vorstellung in die Gehirne dieser Typen einzudringen, hat mich wesentlich mehr angemacht, als die Vorstellung unter ihren schwitzenden Körpern begraben zu werden. Klingt auch ein bisschen Psycho, wenn ich das hier gerade so formuliere, aber egal... Zum anderen kann ich, wie schon oben beschrieben, körperliche Handlungen nicht getrennt von sonstigen Kommunikationswegen sehen. Wenn "intimer" Austausch über körperlichem Wege passiert, dann nicht, weil man das halt so macht, weil man verliebt ist, sondern weil es die Fortsetzung eines Gesprächs ist... mit dieser Definition komme ich derzeit ganz gut zurecht... hat aber lange gedauert. Ich habe oft versucht, mich dazu zu zwingen, gegenüber meiner "Außerwählten" sexuelle Bereitschaft zu signalisieren. Das hielt so eine Sekunde an, dann ist mir schlecht geworden, aus der Angst heraus, dass darauf eingegangen wird... Voll dumm. Nicht nur im Nachhinein, sondern auch schon damals. 

GeschlechterUnabhängige Sexualitäten

Eigentlich müsste ich euch nur diesen Zeit-Artikel zum Thema Demisexualität verlinken.

 

Der Artikel, den ich vielleicht vor zwei Jahren entdeckt hatte, hat in mir einen Befreiungsschlag ausgelöst. An der Stelle bin ich dann auch kurz in Tränen ausgebrochen:

"Körperliches Begehren spielte dabei kaum eine Rolle, sondern eher der Wunsch nach Kennenlernen, Gespräch, Verständnis. Wie man jemanden allein von der Optik her – sagen wir, einen Bravo-Starschnitt – "heiß" finden kann, war mir schleierhaft; das aufgeregte Getuschel über die ach so süßen Mitglieder einer Boygroup (damals waren es NKOTB) oder den knackigen Arsch eines Schauspielers (Leonardo DiCaprio stand hoch im Kurs) fand ich einfach nur absurd. Meine Pubertät verbrachte ich im Kreis der wenigen übrig gebliebenen Nerds und Spätzünder, die sich mehr für ihre kindlichen Fantasiewelten als für Flaschendrehen und Gossip interessierten. "

 

Der Text beinhaltet alles thematische was ich auch in diesem Blogbeitrag ansprechen wollen würde.  Endlich mal die Stigmatisierungen der queeren Community intern hinterfragen zu dürfen. Die Vorstellung, dass sexuelle Freiheit auch bedeuten darf, sich Zeit mit der körperlichen Intimität zu lassen, ohne als konservativ oder asexuell zu gelten. Endlich eine Sexualität haben zu dürfen, die über Qualitäten jenseits des Geschlechts formulierbar ist.  - Da sind wir gerade an einem wichtigen Punkt. Identifikation funktioniert über Zugehörigkeit. Was bringt mir Individualität, wenn mein Resonanzsystem mich unglücklich macht. Denn die Autorin spricht in ihrem Artikel ein wichtiges Thema an: Gerade die queere Community definiert sich über die Darstellung von Sexualitäten. Sex haben wird aktiv politisiert. Sexpositivismus wird zur Handlungsmacht. - Sowas hat mich immer abgeschreckt. Ich möchte mich nicht aufgrund, dass ich kein heteronormes Sexualbedürfnis habe, Gruppen anschließen. - Aber nicht falsch verstehen. Es ist wichtig das wir Sex und Sexualitäten auch als politische Wirkmacht verstehen. Es ist wichtig, das wir auf die Straße gehen, queere Filme drehen und uns immer wieder über die Begriffe streiten. Anders wird queere Kultur niemals normal. - Aber keinen oder selten Sex zu haben, lässt sich nicht abbilden. Einsamkeit zu genießen lässt sich nicht abbilden. Seine Ruhe haben zu wollen, lässt sich nicht einfordern, ohne diese Ruhe zu durchbrechen. Ich kann mich also nicht wirklich repräsentiert fühlen, weil sich meine Komfortzone nicht wirklich darstellen lässt.

Gerüchte, Annahmen und sexuelle Lesarten

im Erststudium

Heute lache ich drüber. Heute fühle ich mich in meinem Tun und in meiner Persönlichkeit komplett bestätigt, wenn ich an diese Zeit zurückdenke. Schneeberg ist ein kleiner Hochschulstandort und genauso von prekären Verhältnissen beansprucht, wie das restliche Erzgebirge. (Mehr dazu -Sobald der Artikel online ist. : Genderwissen im prekären Studium. Vorstellungen von männlicher Macht und weiblichem Konkurrenzkampf. ) Jedes Kulturangebot mussten sich die Student:innen selbst schaffen. Es gab nicht mal nen Bahnhof in der Stadt. Was macht man also, wenn 150 junge Menschen zwischen erzgebirgischer Handwerkstradition und einem Haufen Nazis sitzen und ein Arbeitspensum von 14 Stunden an den Tag legen müssen? Richtig, sie rotten sich zusammen. Aber das könnt ihr später mal alles in dem anderen Artikel nachlesen. Wichtig ist mir, dass diese perspektivlose Art des Zusammenlebens nicht nur Leidensgemeinschaften hervorbringt, die sich vermutlich ein Leben lang unterstützen werden, es bringt auch viiiiiiiieeeel Hass, viel Missgunst und viel Geläster mit sich. Man hockt halt aufeinander... was soll man sonst tun. Was hat das mit meiner sexuellen Identität zu tun? In den fünf Jahren habe ich gemerkt, dass ich überhaupt keine Kontrolle darüber habe, als was mich die Leute wahrnehmen. Unabhängig meiner eigenen Definitionen, Wünsche und Handlungen, wurde mir des Öfteren eine lesbische Identität nahegelegt... Weil ich zum damaligen Zeitpunkt keine romantischen Geschichten vorzuweisen hatte (oder halt nicht drüber gesprochen habe)... und dann quasi Freundinnen, die mich besuchten oder mit denen ich ein engeres Verhältnis hatte,  als mögliche love interests interpretiert wurden. Was auch immer wieder passierte, war das Kommilitoninnen diese Vorstellungen verwendeten, um vermeintlich Macht über mich auszuüben. Schließlich konnte ich die lesbische Unterstellung weder verneinen noch bestätigen. Kann ich bis heute nicht. Es folgten also auch so demütigende Aussagen wie: "Auf mich brauchst du aber nicht stehen, ok." Gleichzeitig wurde mir auch eine Sexualität unabhängig des Geschlechts zugeteilt. Ich durfte mir Sachen anhören wie: "Die Luise, die ist in Wirklichkeit ne richtige Bumskönigin. Wenn die mal loslegt." 

Am Ende des Studiums kamen verschiedene Dinge zusammen. Ich verlor relativ viel Gewicht und kramte meine Gothic-, Punkklamotte aus der Oberstufe wieder hervor. Ich wechselte auch das Atelier zu meinen Freundinnen (Dazu muss gesagt werden, dass ich auch das Haus wechselte.: Vom Textilhaus, dass eher weiblich, esotherisch konnotiert war, zum Holzhaus, dass zwar nicht männlich konnotiert war, aber doch die höchste Dichte an männlich gelesenen Personen aufwies.)... und plötzlich war dieses Gerücht  über meine Homosexualität verpufft. - Denn plötzlich war ich konkurrenzfähig. Dazu kam auch, dass mich die Leute mochten. Ich war jetzt nicht unbeliebt und habe mich in der neuen Umgebung wesentlich wohler gefühlt. Ich mochte auch die Mutti-Rolle, die ich da so ein bisschen eingenommen hatte. Die Freundschaften, die sich in dieser Zeit entwickelt haben, halten bis heute. ABER natürlich hatte ich mich in der Zwischenzeit in jemanden verguckt und Menschen hatten sich in mich verguckt... wie das halt so passiert, wenn man 24 Stunden aufeinanderhängt. Meiner Meinung nach, habe ich mich nicht groß verändert. Ich war immer noch die verrückte Nerd-Nudel, mit einer Vorliebe für Harry Potter und Fäkalhumor. Aber plötzlich war alles was ich tat einer anderen Motivation zuzuschreiben: Wegen der Männer. BÄHM! Wegen denen habe ich mich so angezogen, wegen denen hab ich das Atelier gewechselt, wegen denen habe ich abgenommen. Ich muss beim Aufschreiben gerade sehr lachen. Oh man, was für eine Zeit das doch war. :D Erst im Nachhinein habe ich das Verstanden. Diese Gerüchte, die über mich im Umlauf waren, sagen doch eigentlich viel mehr über die Läster:innen aus, als über mich. Eine Freundin hat es letztens exakt auf den Punkt gebracht: "Die haben das doch nur gesagt, weil die das selbst so gemacht haben." - Den Gedanken finde ich ultra spannend. Weil zum einen es absolut ok ist, rüber ins Holzhaus zu gehen, weil dort eine Person ist, mit der man gern Zeit verbringen möchte. - Egal welche Absichten man hat. Die Abwertung meiner Person macht ja nur deutlich, dass es für andere Personen ein wunder, verletzlicher und schambesetzer Punkt war. Zum Anderen eröffnet die Aussage meiner Freundin die wichtigste aller Perspektiven. Wir können die Sexualität einer anderen Person und die damit verbundene Performance nie zur Gänze nachvollziehen.

Wo ich keine sexuelle Motivation dahinter sehe, weil bei mir, wie schon erklärt, Körper eine andere Wertschätzung einnehmen, werden andere Personen in ihrem Handeln verunsichert, weil meine Handlungen (z.B. tiefer Ausschnitt, Strapse und enthaltsamer Lebensstil) nicht zusammenpassen. Umgekehrt verlangt es mir unheimlich viel Arbeit ab, zu verstehen, wie flirten funktioniert. Es ist mega anstrengend Menschen, die beim ersten Treffen gern Geschlechtsverkehr haben wöllten, nicht zu verprügeln. 

 

Der Vorteil, den ich jetzt habe, ist, dass ich aus diesem Kreis raus bin. Statt missgünstig den Kopf zu schütteln, erfahre ich in meinen jetzigen Umfeld eher Neugier und rege Diskussionen.

Das ist sehr gut, denn im ersten Moment hört sich mein Erststudium nach einer schlechten Folge Glee an, in der die Protagonist:innen glauben, sie spielen eigentlich bei Sex and the City mit. Aber als 19 bis 23-jährige, die nicht genau weiß, wie sie sich selbst in der Welt verorten soll, wiegen diese Unterstellungen und übergriffigen Einschätzungen doch schwerer. Das hat dann auch dazu geführt, dass ich so genervt von der Gerüchteküche war, dass ich dann einfach Texte darüber geschrieben und vorgetragen habe, um alles noch ein bisschen mehr zu verwirren. Schwierig wurde es nur, als die Personen im echten Leben anfingen, sich mit den Geschichten der Protagonist:innen aus den Texten zu brüsten... Aber so funktioniert Gossip nun mal. Weil die Wahrheit meistens viel zu langweilig ist. :P

In meinen "Nicht-Beziehungen"

"Aber ich will nicht mit dir ins Bett, oder so.", das waren meine abschließenden Worte im Rahmen eines anstrengenden Eiertanzes indem ich meinem Crush damals meine "Gefühle" versucht habe, zu gestehen. Er zieht die Augenbrauen ungläubig hoch, holt geräuschvoll Luft und lächelt mich spöttisch an. In dem Moment explodiert mein Gehirn. Er glaubt mir nicht. Wie kann das sein? (Wie das sein kann, könnt ihr dann hier im Beitrag: Männliches Dominanzverhalten und christliche Missionierung nachlesen. - Wenn der Artikel dann online ist. :P ) In Nachhinein glaube ich, dass er es wirklich als Spiel verstanden hat. Meine Koketterie gepaart mit dem unendlichen Fürsorgegefühl ihm gegenüber. Es war eine schreckliche Zeit, denn ich konnte  nicht mal das unglücklich verliebt sein genießen. Ich hatte unheimlich viel Arbeit damit, ihn immer wieder von meinen semi-, demisexuellen Gefühlen überzeugen zu müssen. Das wusste er auszunutzen. Zum einen um gefahrlos andere Frauen eifersüchtig zu machen, zum Anderen um bei mir all seine scheinbar düsteren Empfindungen abzuladen. Während ich auch selbst nicht wusste, wo mir der Kopf stand.

 

Später lernte ich jemanden kennen, der meine Empfindungen äußerst spannend fand und sich eher herausgefordert sah, mich von der Herrlichkeit seiner Sexualität zu überzeugen. Er laß mich als Person, die sich noch nicht gefunden hatte.

 

So ging es weiter. Alles gefährliche Spiele. Mit dem Ergebnis, dass ich unheimlich intensive und intime Einblicke in diese Lebenswelten bekommen habe und auch den Rang einer emotionalen Abhängigkeit in deren Leben erreicht hatte, niemals aber einen Anspruch auf Legitimität erhielt, da ein Verantwortungsbewusstsein anscheinend erst mit Wunsch nach Sex beginnt.

 

Inzwischen ist das alles überwunden... sonst würden hier wieder düstere Gedichte stehen und kein ausformulierter Blogbeitrag. Ohne aber zu viel über mein derzeitiges Privatleben zu verraten: Alles ist gut. Besser, als ich es mir hätte ausmalen können. :) 

FAZIT

Aber es ist wichtig, dass wir Diversität auch in ihrer Komplexität darstellen. Das heißt, die Einteilung in Kategorien als Gegenentwurf zur heteronormativen "Normalität" ist nur ein Zwischenschritt. Das schwenken von Regenbogenflaggen, ein wichtiger symbolischer Akt, aber auch gefährlich, weil dadurch zu schnell die Vorstellung bestätigt wird, dass wir etwas für Diversität tun. Denn wir definieren uns mehr über unsere Handlungen, als über unsere Bekundungen. Eigentlich. Zur Zeit ist das leider umgekehrt. Mein Wunsch wäre es, dass wir ein Bewusstsein für Sexualitäten entwickeln, wie für unsere Frisuren: Wir schauen einfach, mit was wir uns wohlfühlen und lassen das ne Zeitlang so, bis wir was anderes wollen. 

Aber solang die Toleranz in der Gesellschaft noch nicht da ist... tja bis dahin müssen wir halt noch Rabatz machen, in der Hoffnung, dass es irgendwann wirklich egal ist, mit wem wir was, wann, wie machen. :)

 

Gleichzeitig brauchen wir mehr Einsicht in den Alltag nicht heteronormativer Personen. Dafür habe ich noch keine Lösung, weil sich selbst darzustellen, so wie ich das gerade zum Beispiel mache, entspringt ja auch zum einen einer Hybris und einem Leidensdruck, den nicht alle Menschen betreffen. Ich kann also nur meine Geschichte erzählen und meine Überlegungen teilen, in der Hoffnung, dass es vielleicht ein paar Menschen gibt, denen diese Texte weiterhelfen.

 

Bis demnächst.