
Herbarien sind mehr als eine Sammlung an Pflanzen. Sie sind Zeitzeugen: Nicht nur über die damalige Flora, sondern auch über politische und geografische Grenzen, Bildungssysteme und den anthropogenen Einfluss auf andere Arten über die Jahrhunderte hinweg.
Seit einem halben Jahr bereite ich dieses Seminar mit großer Sorgfalt vor, um einen interdisziplinären Zugang für die Studierenden zu schaffen. Dabei habe ich mir selbst noch einmal vertieftes historisches und botanisches Wissen angeeignet, um die komplexen Zusammenhänge zwischen pflanzenbezogener Forschung und gesellschaftlichen Entwicklungen fundiert vermitteln zu können.
Ich freue mich sehr, dass das Seminar als Teil meiner Ausbildung in der Hochschullehre durchgeführt wird und zugleich den Standards nachhaltiger Lehre entspricht, wie sie im Weiterbildungsprogramm „Hochschulbildung für Nachhaltige Lehre“ an der Universität Würzburg vermittelt werden. Ziel ist es, die Teilnehmenden nicht nur fachlich, sondern auch methodisch so gut auszustatten, dass sie ihre eigenen Recherchen und Forschungen in einer Plakatausstellung im Botanischen Garten Würzburg umsetzen können.
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Das Herbarium als Kulturtechnik der Forschung und Wissensvermittlung setzt auch handwerkliches Wissen und einen genauen Blick voraus. Die Botanikerin Vicky Funk benennt 72 Verwendungszwecke für Herbarien. Dabei sind Herbarbelege älter als die Botanik selbst und eng mit der technischen Entwicklung unserer Welt verbunden. Inzwischen werden Herbarien digitalisiert und von überall in der Welt abgerufen. Gleichzeitig arbeiten Bestimmungsapps auch mit bildlichen Vergleichen und schaffen eine riesige Datenmenge, die durch neugierige Nutzer*innen fast nebenbei entsteht.
Es gilt sich die Praxis der Pflanzendokumentation aus kulturwissenschaftlicher Perspektive anzuschauen: Wer dokumentiert Pflanzen? Wie und wo werden diese Dokumentationen aufbewahrt und verwaltet? Welche Bedeutung haben sie für die Mensch-Umwelt Beziehungen im Anthropozän?
Um dies zu klären, werden Methoden und theoretische Ansätze aus den Plant Studies und den Science and Technology Studies erarbeitet und an Fallbeispielen angewendet.
In Zusammenarbeit mit dem Botanischen Garten Würzburg lernen Teilnehmende am Beispiel des Herbarium Franconicum nicht nur die Ergebnisse erfolgreicher Dokumentation hautnah kennen, sie werden sich auch selbst auf Spurensuche von Pflanzenarten begeben, die es an diesem Standort nicht mehr gibt und erforschen, welchen hohen Stellenwert Citizen-Science und sog. „Hobby Forscher*innen“ bei dieser Arbeit einnehmen.
Alle Ergebnisse werden dokumentiert und anschließend als Plakatausstellung im Botanischen Garten veröffentlicht.